Um meine Insel sigt das Meer
sein Lied.
Sie schwimmt in Flut gleich
schmalem grünen Blatte,
Sie reckt in Dünen Heide, moor
und matte,
Leuchtfeuer glimmen, und die
möve zieht.
Es singt von toter Sonne, die
verschied,
Damit die Nacht mit Frieden
uns umschatte,
Von Himmelswölkchen, weich wie
Flöckchen Watte,
Vom Sturm, der jauchzend in
die Ferne flieht.
Die Lieder alle singt es, die
sie sangen
An fremden Ufern, Chöre, die
erklangen
Aus Orgeln, von den Betern,
die dort knien.
Und wie am Inselstrand in
Muscheln, Kieseln
Die feinen Wasserfäden sacht
verrieseln,
Empfängt es meiner Seele
Melodien.
Tritt ein in meinen Garten,
Geist des Lichts,
Und gib mir deine kühlen
frommen Hände,
Daß ich den Strom der Liebe zu
dir wende,
Verklärte Form des
Gottesangesichts.
Wie einst am Tag verkündeten
Gerichts
Sich ew’gen Segens heilig
frohe Spende
Ergießt in Welten ohne Zahl
und Ende,
So rette mich erlösend aus dem
Nichts.
Es gibt noch Sonnen, die am
Himmel brennen,
Es gibt noch Wege, die wir
beide kennen,
Dort laß uns freudig und in
Frieden wandeln!
Und dort, in der geweihten
Stille,
Erwächst aus Wunsch und Traum
der Wille,
Und Wille hebt sich zu
befreitem Handeln.
Ich gehe stumm auf dicht
verwachs’nem Pfad,
Und Töne steigen aus der
Zweige Schatten,
Die sich gepaart zu Melodien
gatten.
Sie wogen gleich der Ähren
goldner Saat.
Und als ich zögernd dann in’s
Freie trat
Vor blütenreiche sonnenfrohe
Matten,
Die eingebettet in der berge
Satten
Sich dehnten, ward die erst
Schöpfertat.
der Klang erhaschte klang und
floh die Klänge,
das ward ein holdes
flatterndes Gedränge,
das endlich sich zum Ganzen
freudig ründet.
des tiefen Ich noch kaum
bewußtet walten
Kann lebend zur Erscheinung
sich gestalten,
Die festlich schreitend neue
Botschaft kündet.
Verglühter Abend, deine
Strahlen sinken
Auf Veilchenbeete, die nun
rötlich glühen,
Und droben seh ich ros’ge
Veilchen blühen
Am Himmel, dessen Glanz die
Lüfte trinken.
Im Busch ertönt noch später
Schlag der Finken,
Vom Turme Glockentöne, die den
mühen
des Tags ein Ziel verkünden,
da die frühen
Verträumten Sterne schon am
Himmel blinken.
Das alles ist so licht und
leicht und schwebend,
So ganz in Duft und Glanz und
Reinheit lebend,
daß Träume sich mit goldnen
Reifen krönen.
Nun zur Erfüllung wird das
kaum Geahnte,
Zum Pfade gangbar wird das
ungebahnte,
Der Sehnsucht Welle ebbt im
ewig schönen.
Nun ist der blasse Mond
emporgestiegen,
Er füllte sich noch nicht zur
runden Scheibe;
Die harten Zweige reckt die
alte Eibe
Am Fischerhaus, - und weiße
Möwen fliegen.
Ich weiß von Müttern, welche
Kinder wiegen,
Ich weiß und lebte, höchstes
Glück dem Weibe,
Die Stunden, da sich weiche
kleine Leibe
An die gefüllte Lebensquelle
schmiegen.
Und wie der Mond den kühlen
Schimmer breitet,
Empfinde ich, wie meine Zeit
entgleitet,
Und denke all der vielen, die
mir starben.
Und denk an manches Ding, das
ich getrieben,
Und denk an manche Menschen,
die mich lieben,
Und binde meines Lebens reife
Garben.
Du blauer Tag, so ganz von
Glanze satt,
Daß alle Ähren in den Feldern
beben,
Und alle Vögel leichter
aufwärts schweben, -
Und doch ist meine Seele krank
und matt.
Der Tod ist in der Welt! – Der
Wilde hat
Mit hartem Griff gepackt
Millionen Leben,
Und stetig neue schwarze Fäden
weben
Die Schicksalsfrauen. Blatt
entfällt nach Blatt
Dem Menschheitsbaum, da Brüder
Brüder schlagen.
Wie möchte er zur Reife
Früchte tragen,
Nun sie den Knospen schon von
Zweigen reißen?
Wenn in der Tiefe alles Unheil
brütet,
Wenn in den Höhen alle
Mordlust wütet,
Wenn Tropfen Bluts gleich Tau
an Gräsern gleißen?
Es steht der Himmelsbogen auf
dem Wasser,
Das alle seine sieben strahlen
spiegelt,
Als sei das Tor des Lichtes
aufgeriegelt, -
Und alle Erdenschatten werden
blasser.
Ein Tropfe hängt, ein
schimmerfarbig nasser
Im Uferhalm, und er besiegelt
Den Erden-Himmelsbund, - doch
aufgewiegelt
Sind unsre Seelen durch den
Schrei der Hasser,
Die Mensch an Mensch und Volk
auf Völker hetzen.
Den Gottesmantel reißen sie in
Fetzen,
Und streuen in die Winde seine
Stücke,
Und sie zertrümmern, die der
Herr dem Volke
Als Bundeszeichen stellte in
die Wolke,
Der Sonne strahlgebaute
Friedensbrücke.
Heut fährt der Wind von Ost
mit scharfem Stoß,
Er schlgt den schaum aufs Land
in weißen Ballen.
Ich seh ins Reff die roten
Segel fallen,
Die Wolken stehn geklüftet,
schwarz und groß.
Mir ist, als hing ein
flatternd Menschenlos
In jeder Wolke windgetriebnem
Wallen.
So dunkles Treiben wurde
auchuns allen,
und manche seele weint sich
nackt und bloß.
Doch mag ich nicht das Leid,
die Unruh schelten.
Die Wolken schauen wandernd
Welt nach Welten,
Ihr ganzes Dasein ist ein groß
Erleben,
Das Ruh’nden fremd. – Mir ward
in Bitternissen
Der Reichtum, zu verstehn, aus
Schmerzen Wissen
Und ich befreite Liebeskraft
gegeben.
Zweitausend Jahr fast sind’s,
daß Christus hing
Am Kreuzesstamm, daß seiner
Liebe Lehre
Uns zu erlösen von der sünden
Schwere
Als Segensbotschaft an die
Welt erging.
Nach zwei Jahrtausenden hat
heut ein Ring
Von Haß die Welt umspannt, daß
Tod beschere
Der Mensch dem Menschen, - und
sie nennen’s Ehre, -
Sodaß umsonst am Kreuze
Christus hing
Und litt und starb vor fast
zweitausend Jahren.
Man fälscht an seinen heiligen
Altaren
Sein Wort, sein Ja wird Nein,
sein Nein wird Ja.
Und die Vergeben nicht, nicht
Liebe kennen,
Sie dürfen sich des Heilands
Priester nennen, -
Und dennoch stand das Kreuz
auf Golgatha.
Das ist der Krieg, er bricht
ins Land hinein
Und speit Verderben aus mit
gift’gem Mune,
Er schmückt – mit aller
Teufelslust im Bunde –
Das Haupt sich mit erlognem
Heilgenschein.
Wir waren schlecht und meinten
gut zu sein.
Klar schien die Flut, doch
Schlamm war auf dem Grunde.
Er quoll aus aufgerißnen
Bodens Wunde,
Als niederwärts das Schicksal
warf den Stein.
Das ist der Krieg, - er brach
des Hauses Säulen,
In dem der Bruder mit dem
Bruder wohnte,
Des Einen Unheil ward des
Andern Sieg.
En Grauen, wie wenn
Winterwölfe heulen,
Durchrann die welt, da man den
Gott enttrohnte,
Der Liebe schönen Gött, - das
ist der Krieg.
Das ist der Krieg, wenn
schwarze Trümmer qualmen,
Wo Kirchen, und wo frohe
Häuser standen,
Wenn da, wo Schnitter gelbe
Ähren banden,
Die Krähen hocken auf
zerstampften Halmen, -
Wenn braune Leiber, die am Stamm
der Palmen
Sich wohlig dehnten auf
besonnten Sanden,
Erstarrt verröcheln auf
beschneiten Landen,
Wo dunkle Eisenriesen sie
zermalmen; -
Wenn über Meere durch der
welle Schimmern
Der Tod im Blute geht und groß
sich hebt
Ins Blau, in das nur frei der Vogel
stieg,
Wenn Kinder schmachten, starke
Männer wimmern,
Wenn jedes Mutterherz gefoltert bebt
Im Angesicht der Qual,- das
ist der Krieg.
So ist der Tod, daß alle Sinne
schlafen
Und ungekannter Traum den
Geist umspinnt,
Den nie mit Furcht, daß Unruh
neu beginnt,
Die Strahlen jung erstandnen
Tages strafen.
So ist der Tod, daß segellos
im Hafen
Das schiff versinkt und jede
Flut verrinnt.
Nur weiche Worte raunt der
Abendwind
Von Seelen, die im Glanz
einander trafen.
Der Nebel sinkt auf dunklen
Efeu nieder,
Es birgt der Mond sich hinter
sanften Schleiern,
Der Wolken Ränder einzig sind
erhellt.
Die Freuden ducken stumm sich
ins Gefieder
Gleich müden Vögeln, alle
Schmerzen feiern,
So kommt der große Friede in
die Welt.
Sehr seltsam war’s, - mich
hüllten Nebel ein,
Die aller Dinge Wesen mir
verschwiegen,
Die so verborgen in den
Schatten liegen, -
Vielleicht auch sind sie
selber nur ein Schein.
Doch dann am Abhang hob sich
Stein nach Stein
Der Hütten, die sich in den
Ähren schmiegen,
Ins Licht, ich sah die Saat
sich wiegen, -
Und plötzlich wieder stand ich
ganz allein.
Es füllte sich die stumme Welt
aufs Neue
Mit Dunst, der mir zu Füßen
niedersank,
Weißwogend lag das Nebelmeer
im Grunde
Tief unter mir, darüber stand
die Bläue,
In die ein Turm sich spitzte
schmal und blank, -
Ob Finsternissen Licht, so
sprach die Stunde.
Ich sehne mich nach einer
großen Liebe,
Daß sie in unvergänglich
milder Schöne
Den Haß und Hader dieser Zeit
versöhne
Und bändige die häßlich rohen
Triebe.
Ich sehne mich nach einer
großen Liebe,
Die nicht mit flinkem Spott
den wunden höhne,
Die freundlich jeden Schatten
sanfter töne,
Daß stets ein Hoffen der
Erlösung bliebe.
Nach ihr die Sehnsucht wohnt
in allen Seelen,
Es ruht ihr Reim in jedes
Herzens Grunde,
Doch wächst sie nicht empor
zur Sommerblüte,
Weil Luft und Tau, Weil Licht
und Wärme fehlen.
Mir werde, daß ich sie in
jeder Stunde
Behütend hebe zu bewußter
Güte.
Am Haus die Stare rüsten ihre
Reise
Gen Süd, für die sie
Weggenossen warben.
Sie wollen nicht auf nackten
Feldern darben,
Wenn sich die Flut verschließt
mit grünem Eise.
Das Licht des Leuchtturms
schwingt schon rasche Kreise
Und wirft ins Meer die breiten
Strahlengarben.
Die Sonne schmückt mit warmen
Purpurfarben
Den Abendhimmel, - schau, es
dunkelt leise.
Der Wind wird still, es
glätten sich die wogen,
Der Tag, der Sommer neigen
sich zum Ende.
Wie viele hat mir rinnend
schon die Zeit
Verspült, die Weggenossen sind
entflogen,
Es liegt schon weit die
Sommersonnenwende,
Auch meine Seele ist zum Flug
bereit.
Ich liebe dieses Herbstes
Sonnensüße,
Die schwer in goldnem Schilf
am Ufer hängt
Und letzte Knospen zum
Erblühen drängt,
Daß keine allzu spät Erwachen
büße
Durch frühen Tod, - es geht
wie weiche Füße
Ein feines Strahlen durch das
Land und schenkt
Ihm, eh sich Winterkälte
niedersenkt,
Des toten Sommers neu erwachte
Grüße.
Und wenn auch nicht mehr
Nachtigallen schlagen,
So quellen voller doch
gestockte Säfte,
Und beinah ist’s, als sei es
wieder Mai.
Ich recke mich in wohligem
Behagen
und schicke mich zu fröhlichem
Geschäfte
In Hoffnung, daß mein Herbst
voll Sonne sei.
Wie schwere Wetter vor den
Strahlen drohen,
Wie viele Todesseufzer trägt
der Wind!
So Traum wie Glück, die kaum
geboren sind,
Zerfällt wie Scheit, um das
die Flammen lohen.
Wo sind die Seelen, die in
Nacht entflohen! –
Eh du nicht auch, du armes
Menschenkind,
Die Augen dir geweint hast
nackt und blind,
Eh finden wir nicht aufwärts
zu den Frohen.
Wie in dem Erdeninnern dunkle
Flut,
Die wir nicht kennen und nur
brausen hören,
Durch Bergesspalten heiße
Dünste sendet,
So brodelt, was in
Völkertiefen ruht,
Und drängt6 ins Freie
schaffend zu zerstören,
Wer weiß es, wie dies alles
einmal endet?
Die alten Feuer sanken in die
Asche,
Doch neue Flammen zünden neue
Scheite,
Der eignen Schöpfung sind sie
Todgeweihte, -
Du stirb, daß ich aus dir das
Leben hasche!
Was will ein Groll, daß Welkes
stets die rasche
Zerstörerkraft des Schöpfers
stellt bei Seite,
Damit er neuem Wirken Weg
bereite, -
Im Netz des Werdens flicht sich
Masch’ in Masche,
Der Tag stirbt an der Nacht,
die Nacht am Tage,
Und ewig schmerzensreich ist
solches Walten,
Denn das, was sterben muß, hat
stets gelitten.
Wenn ich den Marmor aus dem
Felsen schlage,
Der großen Göttin Bildnis zu
gestalten,
Dann bleibt dem Fels die Wunde
eingeschnitten.
Das Dunkel schloß die Tore nun
der Welt,
Es sind nicht Bilder mehr, nur
Töne klingen,
Die sich als Hüllen schmiegen
zu den Dingen,
Den Strahlenlosen, die der
Blick nicht hält.
Wir wissen sie in Schatten
hingestellt,
Die Füße hemmend, wenn wir
vorwärts dringen,
Und ihre Seelen sind es, die
jetzt klingen,
Bevor am andern eins
vielleicht zerschellt.
Und so auf unerhelltem Pfad
des Lebens
Sind Dinge tausendfach, die
ihn verbauen,
Und die einander allzu leicht
zerstören.
sie zu erkennen trachten wir
vergebens.
Wir können sie wohl tasten,
doch nicht schauen,
Und nur im Dunkel sehnend
klingen hören.
Am Absturz ragen hohe schwarze
Tannen,
Um ihre Wipfel geht der
Meereswind.
Gestalten kommen, die nicht
wirklich sind
Und leben wollen, - ich nun
soll sie bannen.
Sie schliefen sankt an
Wassern, die verrannen,
In Baumesdunkel. Doch der Tag
beginnt.
Ihr goldnes Netzwerk durchs
Gezweige spinnt
Die sonne, Wesenloses muß von
dannen.
Du weiße Frau, ich kenne deine
Lippen,
Sie haben manchen Gruß mir
zugesandt,
Und deine blassen Augen kenn
ich auch.
Im Glanze stehst du an dem
Rand der Klippen,
Du hältst die Opferschale in
der Hand,
Wie Duft entschwebt ihr feiner
weißer Rauch.
Der nächt’ge Sturm umschreit
mein einsam Haus,
Er packt mit hartem Griff die
Fensterladen
Und stößt sie auf, - der
ersten Träume Faden
Zerreißt, - ich schaue in die
Nacht hinaus.
Mir ist, als sähe ich im
Wirbelbraus
Zwei Frauen auf den
blattverwehrten Pfaden,
Die wilde Tänze in dem
Mondlich baden, -
Dann löscht den Spuk ein
Schatten plötzlich aus.
Ein Rauschen kommt, es
schlagen schwere Tropfen
Gleich Hämmern auf den Boden,
dumpf und hohl,
Sie rinnen weinend nieder von
den Zweigen.
das ist, als ob viel tausend
Herzen klopfen,
Und alle diese Herzen kenn ich
wohl,
Und alle diese Tränen sind
mein eigen.
Im Dunkel lag ich offnen Augs,
da schritt
Im Schatten schimmernd zu mir
eine Frau.
Um ihre Schläfen lag das Haar
schon grau.
Auf ihrem Antlitz stand die
Schrift: ich litt.
Dem Ohr so unvernehmbar fiel
ihr Schritt,
Wie auf die Blüten fällt der
Morgentau.
Es hing um sie ein Duften süß
und lau
Verwelkter Rosen, die der
Gärtner schnitt.
Ein Schleier floß hernieder um
die Knie,
Den die gesenkten blassen
Hände hielten,
Bis zu den Augen langsam sie
ihn hob.
Das war, als ob er neue
Schatten lieh
Der Nacht, die um die Glieder
spielten, -
Und alles wurde Wolke und
zerstob.
An Dornstrauch drängte sich
der Dornenstrauch,
Mit braunem Stachelwerk die
Heide deckend,
Ein Vogel schrie, den Hall der
Lüfte weckend,
Und über alles ging des Todes
Hauch.
Da war er selber schon gekommen
auch, -
Er hob sich, dürre
Riesenglieder reckend,
Auf kahlem Hügel, Flammen
krochen leckend
An ihm empor und schwerer
schwarzer Rauch.
Und plötzlich sprang die Lohe
himmelan,
Und gierig fingernd griff sie
niederwärts,
Die Dornenebne ward ein Glutenmeer.
Das große Sterben in der Welt
begann,
Gezeugtes krümmte ungeheurer
Schmerz,
Der Tod stand schweigend, -
oder lachte er?
Der schwarze Reiter jagt auf
schwarzem Pferde
Durch Wüstensand, der wirbelnd
aufwärts staubt,
Es streckten Bäume nackt sich
und entlaubt
Gleich Geisterfingern an dem
Rand der Erde.
Aus Stacheldickicht schiebt
sich Herd’ um Herde
Von fremden Tieren, Haupt
gedrängt an Haupt.
Der Glutenwind, der letzten
Atem raubt
Beklemmter Brust, erfüllt mich
mit Beschwerde.
Und tausend kleine Füße hör
ich tappen,
Und tausend Kinderstimmen hör
ich weinen,
Ich suche sie, daß ich sie
trösten mag.
Doch über Leichen tritt der
wilde Rappen.
Der Wüstensand spielt Fangball
mit Gebeinen,
In roter Lohe stirbt der Sonnentag.
Oft in Träumen seh ich Kinder
spielen,
Liebe kleine Kinder, weiße
zarte,
Die ein reiner Glanz den
Engeln paarte
So wie Sterne, die vom Himmel
fielen.
Oft in Träumen seh ich Kinder
spielen,
Schaue, wie um sie ein Volk
sich schaarte,
Das mit ihnen durch das
Offenbarte
Wandern will zu ungekannten
Zielen.
Kinder sind es ja, die Wunder
wissen,
Alle Märchen halten sie zu
eigen,
Herrscher sind sie auf
versunknen Thronen.
Wenn sie ihre bunte Flagge
hissen,
Folg ich gern, will dankbar
und in Schweigen
Selbst ein Kind im Kinderlande
wohnen.
Im Dämmer lag ich zwischen
Traum und Wachen
Und sah Gestalten mir
vorübergehn
Wie Nebelstreifen, wenn die
Winde wehn,
Wie fern am Horizont ein
fremder Nachen.
Ich sah ein Kind, des Hände
fächelnd fachen
Ein Fünkchen an, daß Flammen
draus entstehn,
Die sich in roten Wirbeln
zierlich drehn,
Und klingend höre ich das
Kindchen lachen.
Doch weh, - nun wollen es die
Gluten greifen,
Da hebt es ernsthaft deutend
seine Hand, -
Die Flamme neigt sich, -
sterbend in den Raum
Verstreut sie Blüten, wirft
die goldne Reifen.
Ein Wölkchen flattert, wo das
Kindchen stand,
Des Morgens Sonne hebt mich
aus dem Traum.
Im Abendlicht sah ich unter
roten
Verträumten Blüten Kinder
Reigen tanzen,
Sie schienen erdentstiegen
gleich den Pflanzen,
Sie schienen erdgebunden
gleich den Toten.
Und als um sie die
Blumenflammen lohten,
Und Gräser standen, schmal und
spitz wie Lanzen,
Verband ihr Rythmus sie dem
Schöpfungsganzen,
Das atmend ruhte, - sie, die
schönen Boten.
Sie wiegten schreitend ihre
feinen Glieder,
Sie neigten sich der
Erdenmutter zu
Und grüßten sie mit leichtem
Spiel der Hände.
Dann sanken still sie in die
Blüten nieder,
Und über alles ging der
Schatten Ruh.
Es war die Nacht der
Sommersonnenwende.
ich stand in einer Kirche, der
das Licht
In farb’gen Strömen durch die
Scheiben floß
Und goldne Wellen durch die
Pforten goß, -
Es trat herein ein holder
kleiner Wicht.
Den Leib umfing ein Hemd ihm
weiß und schlicht,
Ein Kränzlein trug er, selbst
ein Blütensproß.
Aus hoher Kerze, die die Hand
umschloß,
Ging spielend Schimmern über
sein Gesicht.
Er kniete vor dem Kind und vor
Marien,
Die gelbe Kerze hob er zum
Altar,
Die Augen schließend, blaß und
starr, als wüßte
Er nichts vom Leben mehr, -
ein sterbend knien, -
Ich trat hinzu, - und mir zu
Füßen war
En weißer Marmor, den die
Sonne küßte.
Das Meer war still, nur eine
Woge bäumte
Sich einsam hoch, gekrönt mit
Flockenweiß.
Sie zog nach Morgen, wo der
Sonne Kreis
Den Himmel schon mit roten
Strahlen säumte.
Es war, als ob der Welle Seele
träumte
Gen Ost zu wandern in das
Paradeis,
Da ward sie hart, es starrte
grünes Eis,
Wo eben noch ein Leben freudig
schäumte.
Doch auf gefrornem Kamme
flatternd hebt sich’s,
Es steigt ein Schwarm von
tausend Schmetterlingen
Empor und fliegt der jungen
Sonne zu.
Ein holdes Bild, Erstorbnes so
belebt sich’s,
Das Wandermüde regt zum Flug
die Schwingen
Und schwebt zum Lichte, - also
ich und du.
So wandre, meine Seele, durch
die Tale,
In denen Wiesen schlummern
grün und weich,
Und raste an dem
schilfumstandnen Teich
In vollen Mondes wunderreinem
Strahle.
Und tritt in Kirchen, wo am
Marterpfahle
Der Christen Heiland blutet,
wund und bleich,
Und schwing dich aufwärts in
der Sterne Reich,
Wo Engel spielen in dem ew’gen
Saale.
So lerne du von aller
Schönheit trinken,
So magst du fromm zu dem
Geweihten treen,
Wenn dir auch nicht der Gott
lebendig wohnt
In blauer Luft. Die Formen laß
versinken!
Dein Glaube auch kann an dem
Altar beten,
Auf dem der Menschengott der
Liebe tront.
Wie schön die letzte Klarheit
ist der Luft,
In der die Schatten aufgelöst
verschwimmen.
Mich grüßt ein Wiederhall
verklungner Stimmen,
Aus denen noch des Tages Leben
ruft.
Ihr Sonnenstrahlen, die ihr
Werden schuft,
Ihr sinkt und sterbt. Die
goldnen Funken glimmen
Noch spiegelnd auf dem Meer,
doch Sterne klimmen
Schon schimmernd aufwärts über
eurer Gruft.
Die Sterne, sagt man, sollen
Segen künden,
Die Sterne sollen manch
Geheimnis hüten.
Wer weiß es? Wo ist Wissen, wo
die Wahrheit?
Wenn meines Abends Sterne sich
entzünden,
Dann küsse meine Seele späte
Blüten,
Und sinkend Licht gewähre
letzte Klarheit!
Nun brauen draußen auf dem
Land die kalten
Farblosen Nebel um gefrorne
Weiden,
Die bangend vor des Winters
nahen Leiden
Am Zweig noch ängstlich letzte
Blätter halten.
Bei Netzen stehen klumpig die
Gestalten
Der Fischer, welche mit den
beiden
Erstarrten Händen blanke
Schuppen scheiden
Vom Netzwerk, und die braunen
Segel falten.
An kurzem Pfahle lehnt ein
junges Weib,
Das mühsam in dem
hochgeschwellten Leib
Des Muttersegens liebe Bürde
trägt.
So froher Trost, da arm und
blütenlos
Die Erde stirbt, daß warm im
Mutterschoß
Der Puls des neuerwachten
Lebens schlägt.
Du klarer froher Stern, du
blinkst,
Bewegtes Leben in dem stillen
Blau;
Das hebt sich festlich in
gewölbtem Bau,
Aus dessen Kuppel du hernieder
winkst.
Es ist, als ob du ganz die
Seele trinkst
Mir kummermüden stillgewordnen
Frau, -
Die Tage wurden herbstlich
kühl und rauh,
Die Nacht ist licht und mild,
bis du versinkst.
Die Nächte sind es nur, die
Seelen haben,
Die Ew’ges und Begrenztes fast
verbinden,
Daß erdennahe rückt, was
himmelsfern.
Mein Herz spielt kindergleich
mit Traumesgaben,
Es kann verlorne Feuer
wiederfinden, -
Und über allem du, geliebter
Stern.
Zum ersten Male schaue ich die
Züge
Der Schrift, die du
geschrieben, heute wieder
Nach dreißig Jahren, - diese
rannen nieder
Wie Wasser, wenn wir stürzen
volle Krüge.
Fast ist’s, als ob mein Herz
doch schneller schlüge,
Und geht nicht leicht ein
Hauch von blauem Flieder
Durchs Zimmer? Klingen nicht
auch Vogellieder?
So war’s, als Stein auf Stein
– ein schön Gefüge –
Wir legten für erträumtes
Zukunftshaus.
Es sollte stolzes Werk uns
ewig einen.
Wie töricht waren wir, - und
ach, wie froh!
Was war’s für lieber bunter
Frühlingsbraus!
Ich lächle leis, und beinah
möcht ich weinen.
Als du geschrieben, war dir’s
ebenso?
I.
Es singt das Meer – und macht
mich trüb und froh,
Wie wechselnd Bilder sich an
Bilder schieben,
Es singt von dem, was schwand,
und was geblieben,
Ein flutend Überall und
Nirgendwo
Von Traum und Tag.
Verschwiegne Wunder so
Der Tiefe klingt es, -
Schönheit, die wir lieben.
Es singt von jenem, der den
Faust geschrieben,
Von Titian und Michel Angelo.
Es singt das Meer von Christus dem Versöhner,
Von Indien singt es und dem
weisen Büßer,
Es singt von Liebe mir, die
Wunden heilt.
Und seine Fläche schimmert um
so schöner,
Und seine weisen klingen um so
süßer,
Da noch im Tiefen das
Geheimnis weilt.
II.
Ich stehe in der Halle lichter
Weite,
In der die gelben Geigenöne
schwirren
Und veilchendunkle
Chelloseufzer irren,
Weißsilbern geben Glöckchen
das Geleite.
Das ist, als ob sich bunt ein
Teppich breite
Von seiden über laute
Lebenswirren,
Von fern nur hör ich noch die
Waffen klirren,
Da jählings schrillt
zerplatzend eine Saite.
Und alles schweigt, - und
alles sucht verloren,
Bis endlich rein und klar die Dominante
Die Töne sieghaft führend
aufwärts quoll.
Wie Schicksal pocht es an der
Zukunft Toren,
Wie weiche Wellen wiegt sich
das Andante,
Beethovens ew’ge Fünfte in
C-moll.
III.
Es singt das Meer – mit all
den ungeweckten
Millionen Stimmen, die im Tiefen
ruh’n.
Sie sind von Seelen, die zum
Licht sich reckten.
Ich möchte steigen zu den
Nieentdeckten
Zum Grunde nieder, so wie
Taucher tun,
Und löste mir die Füße aus den
Schuh’n
Geweihten Grund zu treten,
unbefleckten.
Und dort im Dämmerlicht der
großen Stile
Gesellt zu seltsam wachem
Blütenleben
Belauschte ich der fremden
Herzen Schlagen
Viel Rätsel lernend wie einst
die Sybille.
Ich aber würde ihnen Kunde
geben
Von unsres Lebens lauten
Sonnentagen.
IV.
Es singt das Meer – aus seiner
ernsten Tiefe
Von allem Leid, das auf der
Menschheit lastet,
Von aller meiner Sehnsucht,
die nicht rastet,
Und wenn sie hunderttausend
Stunden liefe
In dunklen Nächten, die ich
gern durchschliefe,
Durch die sich meine müde
Seele tastet.
Euch Liebste sucht sie, ob ihr
nicht mir faßtet
Die Hand, - ob nicht ein Engel
riefe
Am ew’gen Tor, mich ladend zu
den Weiten,
Wo reine Geister wohnen in dem
Hellen,
Wo Liebe nur der Liebe Antlitz
schaut.
Ich möchte gern zu solchem
Himmel schreiten
Auf goldner Straße, wie sie
über Wellen
Die Abendsonne im Versinken
baut.
V.
Ich liege schlummerlos in
dunklen Nächten
Und lebe sie im Suchen der
Gedanken,
Die sich um Längstvergangnes
klammernd ranken,
Daß sie mir meine Toten wieder
brächten.
Welch holder Wahn, daß einstmals
die Gerechten
Entsündigt vor des
Weltgerichtes Schranken
Sich froh gesellen zu den
weißen schlanken
Beschwingten Engeln, die mit
Liebesmächten
Die Welt durhstrahlen! – Ich
nicht kann es glauben,
Doch glaub ich innig an der
Liebe Kraft,
Daß sie Gestorbnes neu
erwecken mag.
So kann euch, Liebste, mir der
Tod nicht rauben,
Denn meine Liebe schafft in
jeder Nacht
Als Rufer euch den
Auferstehungstag.
VI.
So innig glaub ich an der
Liebe Kraft,
Die nicht gestorben ist in
Kreuzesqualen,
Und die – bedeckt mit tausend
Wundenmalen –
Doch tausendfältig neues Leben
schafft.
Es ist ein Riß, der in der
Menschheit klafft,
Mit Herzen rechnen sie als wie
mit Zahlen,
Und gierig hat der
Schlachtentod die fahlen
Zerrißnen Leiber in die Nacht
gerafft.
Des Hasses werk! Doch glaub
ich, daß auf Erden
Die Liebe sieghaft ihm den
Kranz entwindet,
Des Diesseits Kind, daheim
nicht nur in Reichen
Der Träume, - Menschen werden
Brüder werden,
Ein Band wird sein, das Volk
dem Volk verbindet,
Die Liebe einst uns in des Friedens
Zeichen.
VII.
Es singt das Meer, ich kann es
nicht mehr hören,
Denn ferne bin ich den
geliebten Fluten.
Ich weiß, es singt davon, wie
Menschen bluten,
Ich weiß, es singt von Heeren,
die zerstören.
Ich weiß, am Uferrande stehen
Föhren
Auf steilem Hang, verrinnende
Minuten
Begießen sie mit Früh- und
Abendgluten,
Und zitternd lauschen sie den
Wellenchören.
Es singt das Meer, es singt
das Lied der Zeit,
Ich weiß es wohl, ich kenne
seine Weise,
Das dunkle schwere
schicksalsvolle Lied.
Wann sind wir von des Hasses
Druck befreit?
Die Möwe stößt herab, indes
die Kreise
Im hohen Blau ein schwarzer
Adler zieht.
Wenn ich an Liebe nicht den
Glaube hätte,
Zu lastend wäre keine
Grabesplatte
Für meinen Leib, in den die erdensatte
Verstörte Seele an der dunklen
Stätte
Sich bang verkröche, wie im
Mutterbette
Ein ängstlich Kind. – Und wenn
im Herbste matt
Von kaltem Baume taumelt Blatt
nach Blatt,
Dann ständ ich schaudernd vor
dem Weltskelette
Des ungeheuren Tods, des hoffnungslosen.
Ich sähe nur den Kampf bei
dem, was lebt,
Und wie ein Sein das andre
stets vernichtet.
Wo Liebe ist, erstehn aus
Gräbern Rosen,
Was erdgefesselt ist, wird
frei und schwebt,
Wo Liebe ist, wird jede Nacht
durchlichtet.
In frühen Tagen, als das blut
mir brannte,
Als stark und frisch sich
straffte junger Leib,
Erstand der Wusch mir, wär ich
doch kein Weib,
Da Mannesmacht die Welt ihr
eigen nannte,
Da man uns hilflos in das
Leben sandte
Zu halbem Ernst, zu halbem
Zeitvertreib, -
Und jedem freien Wollen scholl
ein „bleib“,
Das enge in geprägte Form uns
bannte.
Nun seh ich Tage mir vorüber
eilen,
Die ihre Stunden all im Blute
röten
Nun nenn ich gern ein
Frauenschicksal mein,
Denn mein ist Recht zu helfen
und zu heilen,
Und mein sind Hände, die nicht
Brüder töten,
Und allem Kranken darf ich
Mutter sein.
Eisblumen sind am Fenster, und
der Mond
Durchglitzert blau die
zackigen Kristalle,
Es schlägt die Kirchturmuhr
mit dumpfem Halle,
In dem der Nacht gefrorner
Schwere wohnt.
Der Winter weiß von Mitleid
nicht, - er tront
Auf harter Berge
schwarzgetürmten Walle
Und reckt begehrend seine
Todeskralle
Nach dem Lebend’gen, das der
Tag verschont.
Ich aber sehne mich nach
Sommerfülle,
Nach Farbenrauschen und nach
Strahlengluten,
Ich sehne mich, daß ich das
Leben fühle, -
Noch einmal fühle, eh sich
löst die Hülle,
Damit mich dann das Meer mit
raschen Fluten
Aus vollstem sein in’s
Wesenlose spüle.
Wenn ich auf meinem letzen
Lager liege,
Dann soll ein Rauschen mir im
Ohre sein
Von allen Lebensstimmen im
Verein,
Damit mein Sinn die Zeiten so
durchfliege, -
Damit Verborgnes wiederum
entstiege
Aus der Vergangenheit
verschlossnem Schrein,
Daß ich Verlornes wieder nenne
mein
Und noch einmal mein erstes
Kindchen wiege.
Mein Bub, du starbst, ein
Mann. Die frohe Kraft
Erlosch wie Feuer in
verglühten Scheiten
Dir, den in Glück und
Schmerzen ich geboren.
Geliebte Krönung meiner Frauenschaft,
Ich möchte in das Nichts
hinübergleiten
Mit deiner jungen Stimme vor
den Ohren.
Vor meinen Fenstern braust der
schwarze Wald,
Als ob aus Schatten viele
Stimmen rufen,
Gestalten treten auf des
Hauses Stufen,
Die rascher Nebel steigend
löst und ballt.
Sie tragen Häupter grau und
schwer und alt.
Sie sind die Leiden, die die
Tage schufen.
Sie preßten Trauben in des
Lebens Kufen, -
Der Wein verrann, die Winde
gehen kalt.
Die Welt ist traurig, und ich
möchte weinen,
So wenig Güte ist, so wenig
Lieben,
Daß alle Seelen bang im Dunkel
hausen,
Und keine ist, die froh sich
eint der Meinen. –
Ich schaue stumm, wie sich die
Nebel schieben,
Ich lausche stumm, wie
schwarze Wipfel brausen.
So seltsam ist’s, wie schnell
wir einsam sind
Und gingen jüngst doch noch in
froher Menge,
Gepreßt in warme liebevolle
Enge, -
Man ist ein Greis – und war
noch eben Kind.
Wir sind ein Staub, verwirbelt
in dem Wind,
Ein Blendwerk war das
festliche Gepränge,
Das Leben schlägt in Seelen
Geierfänge,
Dann sehen wir,... wir waren,
ach, so blind!
Wir sind ein Staub, der
fliegend Wüsten sandet,
Nicht weiß ich, such ich dich,
du andrer Staub, -
Was bist du mir? – Die
Einsamkeit ist gut.
Es geht der Wind, die graue
Woge brandet,
Und Wind und Woge sind der
Klage taub.
Sie bauen Gräber. Frieden dem,
der ruht!
Der Sturm ist draußen, draußen
ist die Nacht,
Die um die Häuser schwarze
Mauern baut.
Sie trägt hinein der fremden Klage
Laut,
Den Ruf des Schmerzes, der in
Schatten wacht.
Ist es der Schrei des Sterbens
in der Schlacht?
Des Schiffers, der des
Schiffes sinken schaut?
Des irrgegangnen Wandrers, dem
es graut,
Da splitternd Eis zu seinen
Füßen kracht?
Es ist so vieler Schrecken in
der Welt,
Doch wenn das Leid an Leid
sich schmiegen würde
Dann müßten unsre Nächte
leichter werden.
Wenn müde Hand die Hand des
Müden hält,
wenn Lastbeschwerter mitträgt
andrer Bürde,
Dann wird es wie ein Leuchten
sein auf Erden.
Am Bergeshange träumt in
kühler Reinheit
Das Schneegeheimnis unter
ernsten Fichten,
Die ihre breiten Äste
schweigend richten
Zu einer hohen Mauer dunkler
Einheit.
Hier fällt von meiner Seele
alle Kleinheit,
Mit der die engen Städte uns umdichten.
Sie findet sich zurück zum
Edel-Schlichten
Und lauscht auf ihrer
Schwingung feinste Feinheit.
Der weiße Schnee bedeckt die
müden Blätter,
Die welk und taumelnd von den
Zweigen fallen,
Er schützt den Reim verborgner
Frühlingsblüten.
Der Unbefleckte ist der
Zukunft Retter.
Ein gnädig Schicksal wolle so
uns allen
In Reinheit Werden und
Vergehen hüten.
Ins Zimmer kriecht der graue
Wintertag,
Der an den Wänden mühsam
aufwärts klimmt
Und sacht das letzte Träumen
von mir nimmt,
So wie man eine Kerze löschen
mag.
Doch bleibt in mir ein zartes
Schwingen wach,
Wie Töne schwirren, wenn man
Saiten stimmt,
Wie Wölkchen schweben, wenn
ein Scheit verglimmt, -
Und plötzlich hallt ein lauter
Stundenschlag.
Die ganze Wirklichkeit ist mir
vor Augen,
Das Leid und wohl ein wenig
Glück ersteht,
Das Wollen, Suchen, Mühe, Last
hebt an, -
Die Sehnsucht, Schönheit aus
der Welt zu saugen. –
Wir finden nie. – Was macht’s?
– Der Tag vergeht, -
Dann nachtet’s wieder, daß man
träumen kann.
Für meiner Träume Leben möcht
ich wecken
So viel Verborgnes, das nicht
Augen schauen.
Die Toten sollten treten aus
den grauen
Verweinten Nebeln, welche
Gräber decken.
Gebrochne Äste sollen neu sich
recken,
Verstürzte Tempel strahlend
sich erbauen.
Wie Bergeswasser, die am Wehr
sich stauen,
Im Überschäumen weit ins Land
sich strecken,
So sollte mein Erinnern
freudig fließen,
Mein Hoffen sollte strömend
Schönheit zeigen
Und Größe, die an still in
Demut ehre,
Und der Messias, den sie uns
verhießen,
Im Glanze sollte er der Gruft
entsteigen,
Damit die Welt er wieder
lieben lehre.
Ich kehre heim, - der müde Fuß
durchschreitet
Die Zimmer, die in
Abendschatten rasten,
In die sich mühsam meine Sinne
tasten, -
Und alle Lichter zünd ich.
Freudig gleitet
Der Strahlenstrom in Winkel,
die er weitet,
Als ob ins Dunkel helle Häne
faßten.
Wie schön das! Leichter werden
meine Lasten
In all dem Glanze, der sich um
mich breitet.
So sei es, wenn mein Lebenstag
verglommen
Und ich am Rand der großen
Ebne stehe
Nach vielem Wandern auf
verschlungnen Pfaden!
Dann möchte ich, bevor die
Nacht gekommen,
In deren Düster ich zur Ruhe
gehe,
Noch einmal ganz in Helligkeit
mich baden.
Als Gott die Welt dem wirren
Nichts entraffte
Und sie in feste Form
gestaltend band,
Geschah es ihm, daß er sich
selber fand
Im Schaffen, das dem Gott die
Gottheit schaffte.
Das Leben quoll empor mit warmem
Safte,
Nur was lebendig kündet
Schöpferhand.
Der Odem, in den Erdenkloß
gespannt,
Verkörpert Schatten in das
Wesenhafte.
Es stand das Werk und sah den
Schöpfer an.
Den Gott, es schuf der Mensch
ihn sich zum Bilde,
Er nahm von ihm die frohe
Schöpferlust,
Daß ihm belebt die Welt vom
Finger rann,
Und sieghaft schlug er tönend
an die Schilde,
Der eignen Gottheit froh und
unbewußt.
Ein seltsam Frohsein wächst
von kleinen Dingen. –
Im Dunkel lag ich und hörte
nur
Den feinen Silberstundenschlag
der Uhr
Gleich einer zarten
Mädchenstimme klingen.
Und lächeln mußt ich, - die
Gedanken gingen
In junger Träume überwehter
Spur
Im Frühlingsglanz, da auf
durchblühter Flur
Ein Schwarm sich hob von
weißen Schmetterlingen.
Mir ist, als brächen mir die
Dinge mit
Die Kunde von gewes’ner Zeiten
Gang,
Von tausend Tönen, die im
Raume schwebten, -
Von jeder Hand, die liebend
sie umglitt,
Von jeder Stimme, die vor
ihnen klang,
Von allen Menschen, die mit
ihnen lebten.
Wenn Menschen sterben, schreiten
Füße leise,
Wir schütten Stroh vor ihres
Hauses Türe,
Daß an ihr Ohr nicht Lärm der
Straße rühre, -
Und also rüsten wir die große
Reise.
Vielleicht, - daß ihrer Seele
ferne Weise
Dann grüßend klingt, daß sie
Erwachen spüre,
Wo wir den Schlummer schauen,
daß sie führe
Ein lichter Geist zu reinrer
Sphären Kreise.
Vielleicht, - wir wissen’s
nicht, doch manche glauben,
Daß nur der Leib wie morschen
Fasses Dauben
Sich löst, - wie reifem Kern
die Schale weicht, -
Sie meinen, daß durch blaue
Ewigkeiten
Wir selig dann in
Sternenreigen schreiten, -
Ich glaub es nicht, doch weiß
ich nichts, - vielleicht, -